ÖÄK gefordert, ideologische Bevormundung ihrer Zwangsmitglieder ebenfalls zu beenden.
Wien (OTS) – Mit großer Mehrheit hat gestern der Deutsche Ärztetag das Verbot der Beihilfe zum Suizid aus der Berufsordnung der Bundesärztekammer gestrichen. Damit kamen die Landesdelegierten mit großer Verspätung dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Vorjahr nach. Die Mitwirkung an einem assistierten Suizid sei somit eine Gewissensfrage, die einzig und allein die Ärztin oder der Arzt für sich beantworten kann.
Österreich ist anders. Seit jeher konnten Sterbehilfegegner – allen voran die Katholische Kirche – sich auf Schützenhilfe seitens der Ärztekammer verlassen, wenn es darum ging, Sterbebeihilfe oder Tötung auf Verlangen gesellschaftlich zu negieren oder gesetzlich verbieten zu lassen. „Ärztinnen und Ärzten soll gestattet sein, sich unter bestimmten Voraussetzungen an aktiver Sterbehilfe zu beteiligen. Diese Beteiligung darf jedoch ausschließlich auf freiwilliger Basis und muss ohne Druck geschehen“, meint hingegen der Wiener praktische Arzt Dr. Rainer Brandl. Für Brandl muss sichergestellt sein, dass eine maximale medizinische Versorgung durch Heilungs- und Palliativmedizin und durch Psychotherapie vorhanden sei. Sind diese Voraussetzungen gegeben denkt er, dass der Wunsch nach Selbsttötung sehr selten an Ärzte herangetragen würde und meint: „Die Ärztekammer sollte dem Beispiel der Deutschen Kollegenschaft folgen und das Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung hinterfragen. Es ist Zeit, dass sich die Ärztekammer konstruktiv einbringt und Wege sucht, Hilfesuchende sowie Ärzte gesetzlich vor Druck und Missbrauch zu schützen“, so Brandl, der auch Mitglied des Beirates von „Letzte Hilfe“ ist. Ende April hat die Initiative einen Gesetzesentwurf zur Regelung des ärztlichen Suizidbeistandes, der, unter anderem, auch einer Kommerzialisierung der Sterbehilfe vorbeugen soll, veröffentlicht (https://www.letztehilfe.at/gesetzesentwurf/).
„Die Selbstverständlichkeit, mit der die Ärztekammer ihre Zwangsmitglieder ideologisch vereinnahmt, ist atemberaubend, jedoch nur das geringere Übel“, meint zudem „Letzte-Hilfe“-Sprecher Eytan Reif. Wesentlich bedenklicher ist für Reif nämlich die „hartnäckige und unbegründete Ablehnung einer Entscheidung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes seitens einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die die ÖÄK nun einmal ist“. Kein Verständnis hat Reif ferner für die Einladung der Ärztekammer zum sog. „Sterbehilfe-Dialogforum“, das vom Gesundheitsministerium einberufen wurde. „Aus guten Gründen haben wir in dem von uns präsentierten Gesetzesentwurf zum ärztlichen Suizidbeistand die Ärztekammer unberücksichtigt gelassen. Solange die Ärztekammer in Sachen Sterbehilfe ihre ideologisch-politische Position aufrecht hält, kann sie nämlich kein Partner bei der Suche nach einer sachlichen Lösung sein“, so Reif.