Verzweifelte sterbewillige Patienten, die auf ihrer Suche nach hilfsbereiten Ärzten keine öffentliche Unterstützung erfahren und verunsicherte, weil unzureichend informierte Ärzte, die sich nicht trauen, das verpflichtende Aufklärungsgespräch zu führen: So kann der Stand der Sterbehilfe in Österreich zwei Monate nach Inkrafttreten des Sterbeverfügungsgesetzes (StVfG) zusammengefasst werden. Schuld an dieser Misere ist allerdings nicht nur der Gesetzgeber; auch die Ärztekammer, die stets gegen den assistierten Suizid und die Tötung auf Verlangen polemisiert und somit die gesamte Ärzteschaft ideologisch bevormundet hat, lässt ihre Mitglieder – und infolge auch Patienten – weitgehend im Stich. Ebenso wenig möchte sich das Gesundheitsministerium für die Erstellung eines Registers mit aufklärungsbereiten Ärzten als zuständig sehen, welches jedoch sowohl seitens Betroffener als auch seitens interessierter und williger Ärzte dringend eingefordert wird. Weder die Ärztekammer noch das Ministerium zeigen sich bereit, Ärzte mit entsprechenden Unterlagen zu versorgen und rechtlich zu beraten. Bisher kommt lediglich die Wiener Ärztekammer ihrer Aufgabe nach, die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen und zu fördern, indem sie erste Bemühungen zeigt, eine Liste aufklärungsbereiter Ärzte zu erstellen.
Ein Musterformular für das gesetzlich verpflichtende ärztliche Aufklärungsgespräch soll nun die allgemeine Verunsicherung etwas entschärfen und den Weg zu einer gültigen Sterbeverfügung erleichtern. Das Dokument, das vom Verein „Letzte Hilfe“ gemeinsam mit einer Anwaltskanzlei entworfen wurde, trägt der gesamten gesetzlich festgelegten ärztlichen Protokollierungspflicht Rechnung und beinhaltet zudem zahlreiche Erläuterungen. „Der politische Umgang mit dem Thema ‚Sterbehilfe‘ – auch nach dem bahnbrechenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vor über einem Jahr – ist beschämend. Mit diesem Formular, das ab sofort gratis online zur Verfügung gestellt wird, soll eine Lücke geschlossen werden, die von Politik und Ärztekammer bewusst geschaffen wurde“, gibt „Letzte-Hilfe“-Sprecher Eytan Reif bekannt.
Das kostenlose Musterformular kann über folgenden Link abgerufen werden:
https://www.ots.at/redirect/letztehilfe2
Sehr besorgt zeigt sich „Letzte Hilfe“ ferner über die gesetzliche Verpflichtung, die Zustimmung eines Palliativmediziners einzuholen, bevor eine Sterbeverfügung erstellt werden kann. Zahlreiche Anfragen, die den Verein erreicht haben, lassen bereits erkennen, dass diese unsachliche Regelung ein De-facto-Sterbehilfe-Verbot darstellt. Reif dazu: „Die Österreichische Palliativgesellschaft (OPG) gehört nach wie vor zu den massivsten Gegnern des assistierten Suizids und selbst ihr jetziger Präsident kann nicht nachvollziehen, wieso Palliativmediziner in den Prozess, der schließlich zu einer Sterbeverfügung führen soll, eingebunden wurden. Mit dieser Bestimmung geht Österreich einen eigenen und besonders niederträchtigen Weg. Diese Schikane ist praktisch ein Sterbehilfe-Verbot und widerspricht dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Wir fordern daher ein gesetzlich verankertes Recht auf einen selbstbestimmten Tod unter sachlichen und zumutbaren Rahmenbedingungen.“