Ärztekammer, Notariatskammer und Apothekerkammer sehen sich nicht zuständig
Kaum eine Woche nach Inkrafttreten des Sterbeverfügungsgesetzes präsentiert sich das im Vorjahr eilig beschlossene Türkis-Grüne Regelwerk als voller Erfolg – und zwar als Instrument zur Verhinderung eines selbstbestimmten Todes in Österreich. Zahlreiche bei „Letzte Hilfe – Verein für selbstbestimmtes Sterben“ eingelangte Anfragen von sterbewilligen Personen lassen nämlich erkennen, dass die im Gesetz festgelegten Hürden dazu geeignet sind, das Zustandekommen einer Sterbeverfügung praktisch zu verunmöglichen. „Der gesetzlich verordnete Sterbehilfe-Spießrutenlauf scheitert bereits am umfassenden Informationsverbot, der de-facto Hilfesuchende daran hindert, Ärzte zu finden, deren Mitwirkung für das Zustandekommen einer gültigen Sterbeverfügung notwendig ist. Lediglich der Ärztekammer, die stets gegen die Sterbehilfe polemisiert hat, wird gestattet, eine Liste der grundsätzlich hilfewilligen Ärzte zu erstellen, dazu weigert sie sich aber aus politischen Gründen. Hilfesuchende werden somit gezwungen, sich von einer Ordination zur anderen durchzutelefonieren mit der Hoffnung, die notwendige Hilfe zu bekommen. Bei der Suche nach einem Notar, der sich für die Errichtung einer Sterbeverfügung anbietet und einer Apotheke, die bereit ist, das tödliche Präparat auszuhändigen, wiederholt sich diese unwürdige Prozedur, da der Gesetzgeber auch hier den Bock zum Gärtner gemacht hat“, gibt „Letzte Hilfe“-Sprecher Eytan Reif zu bedenken. Der Verein wird zudem aufgrund des umfassenden gesetzlichen Werbeverbots daran gehindert, ein eigenes Register zu veröffentlichen, auf das Hilfesuchende zurückgreifen könnten.
Eine weitere gesetzlich verordnete Voraussetzung, die das Zustandekommen von Sterbeverfügungen praktisch unmöglich macht, ist die zwingende Einbindung von zumindest eines Arztes mit palliativmedizinischer Qualifikation in den vorangehenden Prozess. Die Österreichische Palliativgesellschaft (OPG), die laut eigenen Angaben 700 Mitglieder zählt und somit die überwiegende Mehrheit der Palliativmediziner vertritt, hat sich nämlich stets für den Beibehalt des – verfassungswidrigen! – Verbots der „Hilfe zum Selbstmord“ ausgesprochen. Als Teilnehmerin des „Sterbehilfe-Dialogforums“ konnte sie zudem das Sterbeverfügungsgesetz maßgeblich prägen. „Es ist – milde formuliert – zynisch, wenn Sterbewillige auf die Mitwirkung von Palliativmedizinern angewiesen werden, wenn sie selbstbestimmt sterben möchten. Da könnte der Gesetzgeber auch gleich einen Priester in das Verfahren miteinbinden. Das Sterbeverfügungsgesetz ist eine Verhöhnung sterbewilliger Personen. Dieses Sterbehilfe-Verhinderungsgesetz ist ein gesetzgeberischer Schandfleck und hätte in dieser Form nicht erlassen werden dürfen.“, so Reif abschließend.