Zwei Tage nachdem das vom Justizministerium einberufene „Sterbehilfe-Dialogforum“ seine Beratungen aufgenommen hat, steht Eines bereits fest: eine offene und ausgewogene Sterbehilfe-Debatte soll abermals vermieden werden. Während in anderen Ländern Parlamentarier ihre Rolle als Volksvertreter wahrgenommen und Regierungen unangenehme Entscheidungen getroffen haben, um Hilfesuchenden ein Recht auf Letzte Hilfe zu gewähren, setzt die Türkis-Grüne Regierung nach monatelanger Untätigkeit auf den „österreichischen Weg“ der Scheindiskussion. Zum einen garantiert die äußerst einseitig gestaltete Teilnehmerliste eine große Mehrheit der Sterbehilfegegner in diesem Forum. Mehrfach-Nennungen sorgen ferner für eine zusätzliche Überrepräsentanz der Katholischen Kirche bei gleichzeitiger Marginalisierung der Bioethikkommission. Noch unverständlicher ist jedoch der Umstand, dass ausgerechnet jene Organisationen und Personen – vor allem die Katholische Kirche, die Caritas und der Hospiz-Verband –, die offen für eine Änderung der österreichischen Verfassung eingetreten sind, um jegliche Liberalisierung der Sterbehilfe-Gesetzgebung zu verhindern, nun den Gesetzgebungsprozess maßgeblich mitgestalten dürfen. „Selbstverständlich genießt die Regierung volle Freiheit bei der Wahl ihrer Berater. Die Einberufung solch eines einseitig besetzten Gremiums zum Zweck der dringend notwendigen Neugestaltung der Sterbehilfe-Gesetzgebung in Österreich ist aber eine Demokratie-politische Zumutung“, meint Verfassungsjurist Heinz Mayer, der auch Mitglied des Beirats von „Letzte Hilfe“ ist. „Es gibt zahlreiche verdiente liberale Experten – da fallen mir auf Anhieb Prof. Peter Kampits und Anwalt Dr. Wolfram Proksch als erste ein – die in diesem Forum fehlen. Dieses Gremium reflektiert zudem keineswegs die Mehrheitsverhältnisse in der österreichischen Bevölkerung. Das demokratische Prinzip wird hier mit Füßen getreten“.
Sehr kritisch betrachtet Letzte-Hilfe-Sprecher Eytan Reif hingegen die „äußerst einseitig gestaltete“ Punktation des Gremiums, die „in kritischen Punkten das Ergebnis der Beratungen vorwegnimmt“. In diesem Zusammenhang hebt Reif insbesondere die Einschränkung der Debatte ausschließlich auf den assistierten Suizid hervor. „Es gibt keinen sachlichen Grund, die Tötung auf Verlangen aus dieser Debatte auszunehmen. Darüber wird man reden müssen, wenn man Hilfesuchende nicht diskriminieren will, die nicht imstande sind, eine Sterbesubstanz selbstständig einzunehmen“. Für den Fall der Fortführung der einseitigen Verhandlungen kündigte Reif ein entsprechendes Volksbegehren an. Dieses wird sich an dem umfangreichen Gesetzesentwurf zum ärztlichen Suizid-Beistand, den „Letzte Hilfe“ gemeinsam mit Experten verfasst und am Freitag veröffentlicht hat, orientieren.